Aufbrüche – Ideen – Reflexionen
Noch vor wenigen Jahren galt das Landleben als Auslaufmodell. Inzwischen ist eine neue Ländlichkeit auf dem Vormarsch: ein Leben in agrarischer Landschaft mit Lebensformen und Erwerbsmodellen jenseits der Landwirtschaft. Gerade die Pandemie hat mit neuen digitalen Formaten das Interesse am ländlichen Wohnen befördert. Gutes Leben auf dem Land suchen immer mehr Menschen aus der Großstadt. Diese neue Ländlichkeit bietet ebenso Chancen wie Herausforderungen.
Bereits 2020 haben sich die Mecklenburger AnStiftung und die Europäische Akademie Mecklenburg-Vorpommern e.V. zusammengetan, um diesen Wandel mit Impulsen aus Wissenschaft und Praxis zu beleuchten und zu gestalten. Nach bisher 20 Veranstaltungen starten wir einen neuen Jahreszyklus – immer am ersten Montag des Monats als Online-Beitrag per Zoom.
Den Zoom-Einwahllink für alle Veranstaltungen der Reihe erhalten Sie bei der Europäischen Akademie MV nach Anmeldung.
Wir freuen uns auf Ihr Interesse!
Programm
Lokalgeschichte als Beitrag zur ländlichen Identität
Das Beispiel der Ortschronisten in Mecklenburg-Vorpommern
Dr. Christoph Schmitt
Welche Bedeutung hat Lokalgeschichte für die Verbundenheit von Landbewohnerinnen und Landbewohnern mit ihrem Dorf und ihrer Region? Die dafür besonders relevanten Ortschroniken, zumal über kleinere Kommunen, entspringen weithin der bürgerschaftlichen Forschung im Sinne einer „Citizen Science“.
Welche Bedingungen benötigen lokalbezogene Amateurwissenschaften, um sich auf dem Dorf entwickeln zu können – auch im Unterschied zu kleineren und mittleren Städten? Welche Erfahrungen aus der DDR wirken fort und gibt es Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland? Wie ist das Heimatverständnis der Akteure? Welchen Anteil finden gegenwartsbezogene oder zeitgeschichtliche Problemlagen? Werden neu Hinzugezogene in die Arbeit inkludiert? Resultieren aus der publizierten Erinnerungs- und Beobachtungsarbeit der Akteure Impulse für die Gestaltung kultureller Ereignisse vor Ort?
Zum Referenten
Hintergrund:Dr. Christoph Schmitt, Volkskundler, leitete bis 2022 die Wossidlo-Forschungsstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Universität Rostock. Forschungs- und Lehrschwerpunkte: Europäische Ethnologie, Folkloristik, Erzähl- und Medienforschung, Regionalethnografie Mecklenburgs, Geschichte der Volkskunde. Schuf mehrere Digitalisierungsprojekte, vor allem WossiDiA, das digitale Wossidlo-Archiv. Derzeit Teilprojektleiter der digitalen Präsentation des „Wossidlo-Teuchert“, also des „Mecklenburgischen Wörterbuchs“. Initiierte mit der von ihm geleiteten „Gesellschaft zur Förderung des Wossidlo-Archivs“ und weiteren Partnern das interaktive Ortschronikenportal Mecklenburg-Vorpommern, das seit 2018 vom Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern fortentwickelt und durch Schulungen begleitet wird.
Mehr Informationen: https://www.wossidlo.uni-rostock.de/wossidlo-forschungsstelle
Wie das Miteinander stärken? Fördererfahrungen und Förderstrukturen in der ländlichen Kulturarbeit
Samo Darian, Leiter des Förderprogramms Aller.Land
Weil die Bindekräfte von Vereinen, Kirchen oder Dorfgemeinschaften schwinden, braucht es neue Formen des Miteinanders, die wir zum Teil noch nicht kennen. Das gilt besonders auch für Dörfer und kleine Städte, wo es viel stärker als in den großen Städten auf diese lokalen Institutionen ankommt, da das nächste Theater, das nächste Museum oder die VHS oft weiter weg sind. Kultur wird viel zugetraut, wenn es um das Miteinander geht. Daher rückt das Thema der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern mit und durch Kultur stärker ins Blickfeld der Kulturarbeit und der Kulturförderung. Was es aber bedeutet, wirklich zu beteiligen, stellt Kulturinstitutionen, aber auch kommunale Verwaltungen vor Herausforderungen: denn es bedeutet Verantwortung zu teilen, Gestaltungsmacht abzugeben, neue Arbeitsweisen und neue Zeitläufe. Und es bedeutet auch, in der Kulturarbeit den Fokus zu verschieben. Im Kulturbereich sind wir trainiert, dass am Ende ein überzeugendes Produkt herauskommt, möglichst interessant, bunt und spektakulär. Steht aber die Beteiligung im Zentrum, geht es nicht so sehr um das Produkt, sondern um den Weg dahin. Oder anders gesagt: Wir konzentrieren uns oft auf das Fest, dabei entsteht Gemeinschaft vor allem dabei, das Fest gemeinsam zu organisieren. Auch dies nimmt die Kulturförderung durch neue Formen der Prozessförderung stärker in den Blick, die neben die klassische Projektförderung gestellt wird.
Es war einmal: ein Dorf. Das Landleben in der Gegenwartsliteratur
Dr. Petra Dinse
Was sich im Thema so märchenhaft liest, sieht in der Realität oft ganz anders aus. Das Dorf steht nicht mehr nur für einen Ort, sondern für ein Lebenskonzept. In den vergangenen zehn Jahren haben sich viele Schriftsteller ganz bewusst und verstärkt dem Thema Dorf zugewandt, nicht zuletzt aus der Tatsache heraus, sich neu orientieren zu wollen oder zu müssen. Man versucht, gegen das immer höhere Tempo und die unendlichen Möglichkeiten der modernen Welt, Übersicht und Selbstbestimmtheit im eigenen Leben zu bewahren. Man beobachtet jedoch keine homogenen Entwicklungen: verschiedenste Welten und Lebensvorstellungen prallen in der Realität aufeinander, die fiktional (oft auch autofiktional) in Romanen verarbeitet werden. Das spiegelt sich in der Form der neuen Dorfromane wider. Neben der ausführlicheren Analyse zweier Dorfromane – „Vor dem Fest“ von Saša Stanišić und „Dorfroman“ von Christoph Peters – gebe ich eine Übersicht über weitere Romane, die sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Dorfthematik befassen. Auch Belletristik als verfremdete Wirklichkeit kann Bewusstheit schaffen über dörfliche Gestaltungsmöglichkeiten, Anregungen zum eigenen Einbringen von Ideen und gelebter Nachbarschaft.
Zur Referentin
Studium: Germanistik und Slawistik 1977-1981, danach Forschungsstudium auf dem Gebiet germanistische Literaturwissenschaft und Promotion 1987. 1989 Arbeit in einer Stadt- und Kreisbibliothek; Studium (postgradual) an der HU Berlin zur Diplombibliothekarin; ab 1993 bis 2020 Leitung der Malchiner Stadtbibliothek.
Dozentin: Fortbildungsveranstaltungen für ErzieherInnen, HeilerzieherInnen und Tagesmütter vor allem auf den Gebieten Literatur und Integration/Inklusion.
Zehn Jahre Mitherausgeberin der Zeitschrift „Gemeinsam leben – Zeitschrift für integrative Erziehung“. Seit 2020 im Ruhestand
Privates: „Ich bin eine waschechte Mecklenburgerin, in einem Dorf aufgewachsen, in dem ich auch heute wieder lebe. In der Zeit von 1981 bis 1987 wurden unsere drei Söhne geboren, die inzwischen alle das Elternhaus verlassen haben und eigene Wege gehen. Seit 2016 biete ich Literaturseminare am Wochenende an verschiedenen Orten an. Zeit, über Bücher zu reden, miteinander ins Gespräch zu kommen – nicht nur über Literatur. Im Herbst 2022 fiel der Startschuss für ein Herzensprojekt von mir: einmal im Monat stelle ich im ‚Literarischen Frühstück‘ jeweils ein Werk eines Literaturnobelpreisträgers/ einer -preisträgerin zur Diskussion.“
Mehr Informationen:
https://literaturbegegnungen.de/
„Wenn man sich verbindet, kann da was Großes rauskommen!“ Ehrenamtliche Kulturarbeit im Landkreis Rostock
Dr. Friederike Berlekamp, Wossidlo-Forschungsstelle an der Universität Rostock
Der Wert ehrenamtlicher Kulturarbeit für die Lebensqualität auf dem Lande ist unbestritten. Sie gibt den dort lebenden Menschen die Möglichkeit, ihre (kulturellen) Bedürfnisse autonom und gemeinschaftlich diskutieren, definieren, praktizieren und befriedigen zu können. Unter dieser Prämisse erforscht das Projekt „EKLAIR – Ehrenamtliche Kulturarbeit in ländlichen Regionen“ vergleichend in den beiden Regionen Oldenburger Münsterland und Landkreis Rostock, warum sich Menschen in ländlichen Räumen im kulturellen Bereich engagieren, wie sie ihr Ehrenamt gestalten, was sie darin erkennen und was sie sich für die künftige ehrenamtliche Kulturarbeit wünschen.
Im Vortrag werden erste Erkenntnisse zu diesem Thema präsentiert: Die ehrenamtliche Kulturarbeit im Landkreis Rostock hat sich bereits als sehr vielfältig und vielschichtig erwiesen. Dies betrifft beispielsweise die Historien und Formen des Engagements, die Bereiche, in denen sich die Menschen engagieren, die Erfahrungen, welche die Menschen mit ihrer ehrenamtlichen Kulturarbeit gemacht haben, und auch die Gelingensmöglichkeiten.
Zur Referentin
Studium: Altamerikanistik, Ur- und Frühgeschichte und Indogermanistik an der Freien Universität Berlin und an der Humboldt-Universität zu Berlin
Promotion: im Fach Altamerikanistik zum Thema interkulturelle Begegnungen im Kontext von jesuitischer Mission
Tätigkeiten: Wossidlo-Forschungsstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde, Universität Rostock (wiss. Mitarbeiterin); Institut für Museumsforschung, Staatliche Museen zu Berlin, SPK (wiss. Mitarbeiterin); Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin, SPK (Volontariat); Sylter Archiv (Archivmitarbeiterin); diverse archäologische Grabungen
Forschungsinteressen: Museen als Begegnungsorte; Partizipative Ansätze in der Museumsarbeit; immaterielle Kulturen und Immaterielles Kulturerbe; Immaterialität materieller Kulturen; Federkunsttraditionen Lateinamerikas
Mehr Informationen:
https://www.wossidlo.uni-rostock.de/wossidlo-forschungsstelle/forschung/aktuelle-forschungsprojekt-eklair/
Die neue Ländlichkeit des Herrenhauses – zwischen Denkmalschutz und Lebensentwurf
Manfred Achtenhagen, Vermittler von Gutshaus-Immobilien und Vorsitzender des „Vereins der Schlösser, Guts- und Herrenhäuser Mecklenburg Vorpommern e.V.“
Herrenhäuser aus den Zeiten alter Ländlichkeit gehören nun zur Attraktivität ländlicher Regionen. Wieso eigentlich? Was bedeutet es, heute in einem Herrenhaus zu wohnen oder den Urlaub dort zu verbringen? Welche Hoffnungen und Enttäuschungen begleiten den Kauf? Wie ist die Verbindung von Herrenhaus und Land- oder Forstwirtschaft? Stehen wir vor einer Refeudalisierung? Wie sieht es mit der Idee aus, die Herrenhaus-Landschaft im Nordosten als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen?
Zum Referenten
Manfred Achtenhagen ist selbst Besitzer eines Herrenhauses und hat sich als Hotelier des Gutshauses Ludorf in der Müritz einen Namen gemacht. Er ist mittlerweile spezialisiert auf die Vermarktung von Gutshäusern in Mecklenburg-Vorpommern und in den baltischen Staaten. Mit seiner langjährigen Erfahrung zu Erhalt, Sanierung und Nutzung von Herrenhäusern weiß er um die Herausforderungen und Potentiale, die sich aus dem Erhalt einer solchen Immobilie ergeben. Ob als Makler bei der Vermittlung oder als Netzwerker, Manfred Achtenhagen engagiert sich seit vielen Jahren für den Erhalt historischer Bausubstanz, indem er Nutzungskonzepte und Perspektiven aufzeigt. Mehr unter: https://gutsdorf.de/
Ländlichkeit als Lebensentwurf
Marta Doehler-Behzadi, Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung
Eine übriggebliebene und alternde Bevölkerung? Ein Restbestand an Infrastruktur? Die Erinnerung an bessere Zeiten? Wenn man ländlichen Räumen mehr zutraut als lediglich ein Überrest dessen zu sein, was da früher einmal war, ist das wesentlich mehr als nur wishful thinking. Entgegen der unzähligen Facetten an neuen stadtlandschaftlichen Lebensmodellen beweist sich das Land als Nische und Alternativort für ein selbstbestimmtes Leben. In Krisenzeiten verspricht das Land einen Lebensort, bei dem man ohne die Stadt auskommen kann. Das Land zeigt seine Eigenschaft, weniger verwundbar zu sein. Die Stadt kann das nicht von sich behaupten. Und Krise gibt es ja wohl mehr als genug.
Selbst ist das Dorf: Warum engagieren sich Menschen auf dem Land?
Prof. Dr. Florian Dünckmann, Professor für Kulturgeographie am Geographischen Institut der Universität Kiel
Das Dorf als soziales Gefüge ist für viele Menschen der konkrete Resonanzraum ihres Engagements: In aktiven Dörfern sind Menschen eher gewillt, sich zu engagieren; und gleichzeitig schaffen sie mit ihrem Engagement aktive Dörfer. Dörfliche Lebenswelten sind dabei also sowohl Ausgangspunkt wie auch Zielraum des lokalen Engagements. In dem Vortrag werden die fördernden und hemmenden Faktoren dieser Resonanzbeziehung näher betrachtet und aufgezeigt, welche Möglichkeiten es für die Politik gibt, das Engagement auf dem Dorf zu fördern bzw. nicht zu behindern.
Gesundheitswesen in ländlichen Räumen
Prof. Dr. Steffen Fleßa, Ordinarius für Gesundheitsmanagement
Das Gesundheitswesen in ländlichen Räumen muss den Spagat zwischen Erreichbarkeit, Qualität und Finanzierbarkeit leisten. Einerseits sind größere Einheiten an weniger Standorten sinnvoll, denn sie sind in der Regel effizienter und erbringen eine höhere Qualität. Aber wenn die Leistungsanbieter zu weit von der Patientin oder den Patienten entfernt liegen, ist die Gesundheitsversorgung gefährdet. Der Kompromiss aus Erreichbarkeit, Qualität und Effizienz ist schwierig und erfordert den Einsatz innovativer Technologien. Eine besondere Bedeutung kommt hier der Telemedizin sowie der Integration von Ambulant und Stationär zu.
Krisenvorteile des Landlebens am Beispiel Blackout
Sven Kasulke, Innenministerium MV
Ein Blackout, also ein großflächiger langanhaltender Stromausfall ist ein Ereignis, welches nicht erst seit den sicherheitspolitischen Verwerfungen der vergangenen zwei Jahre wieder im Fokus des Bevölkerungsschutzes steht. Insbesondere durch den Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen der Maßnahmen zum Klimaschutz hat diese Thematik an Bedeutung gewonnen. Der Vortrag beschäftigt sich mit den Gründen für Blackouts und deren Auswirkungen auf unser technisiertes Leben in Deutschland. Es werden „Best Practise“ Möglichkeiten der örtlichen Risikoabschätzung vorgesellt und Kompensationsmaßnahmen im Ereignisfall genannt. Dabei werden Unterschiede in der Betroffenheit und Resilienz zwischen dem ländlichen und Ballungsräumen deutlich gemacht.
Das sozialistische Dorf. Was war? Was bleibt?
Dr. Michael Heinz, Universität Rostock
Durch die Ergebnisse des II. Weltkriegs erweiterte sich der sowjetische Machtbereich erheblich. Mithilfe der lokalen Kommunisten ging die Sowjetunion daran, die (Land-)Wirtschaft mehr oder weniger nach ihrem Vorbild umzugestalten – so auch auf dem Territorium der SBZ/DDR. Gutsanlagen wurden teilweise abgebrochen und Neubauernhäuser errichtet. Es entstanden Volkseigene Güter (VEG) und ab 1952 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG). Die herrschende Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) baute auf Musterdörfer wie Mestlin sowie später Ferdinandshof und verfolgte damit ein Konzept der zentralen Orte zulasten kleiner Dörfer. Während der zunehmenden Industrialisierung des Agrarwesens beschritt die SED mit der betrieblichen Trennung von Ackerbau und Viehwirtschaft einen Sonderweg. Neue Dimensionen entstanden im Agrarwesen und damit auch in der Dorfentwicklung.
Der Vortrag resümiert 45 Jahre SBZ/DDR-Land(wirtschafts)entwicklung und fragt, ob es der SED gelang, den ländlichen Raum bis heute nachhaltig zu verändern.
Herkunft und Zukunft der Neuen Ländlichkeit als Krisengeschichte
Dr. Wolf Schmidt, Mecklenburger AnStiftung
Ländliches Leben wird häufig als Heile-Welt-Idylle verklärt oder denunziert. Aber auch das Landleben ist nicht ohne Krisen zu denken. Welche Krisen haben zur Neuen Ländlichkeit geführt? Welche wirken gerade positiv oder negativ auf das Landleben? Welche sind in Zukunft absehbar? Was ist das Besondere von Krisen auf dem Land? Und was hat das mit Ost und West zu tun?
Neu im Dorf
Wie der Zuzug das Leben auf dem Land verändert
Dr. Frederick Sixtus, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
Mehr Menschen in Deutschland ziehen heute aufs Land. Damit hat sich das Wanderungsgeschehen in den vergangenen zehn Jahren deutlich gewandelt. Der Zuzug eröffnet Chancen für den ländlichen Raum: So bleiben Schulen erhalten und dringend benötigte Fachkräfte kommen. Aber er bringt auch Herausforderungen, denn die Gemeinden müssen Infrastruktur vorhalten und die Neuzugezogenen integrieren. Zudem verändert sich das Leben in Dörfern und Kleinstädten, denn die neuen Nachbarinnen und Nachbarn bringen eigene Bedürfnisse und Erwartungen mit. Eine gerade erschienene Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und der Wüstenrot Stiftung zeichnet das Wanderungsgeschehen der vergangenen Jahre detailliert nach und beschreibt anhand von sechs Fallbeispielen, was die neue Landlust für kleine Gemeinden bedeutet. Der Mitautor stellt sie vor.
Zum Referenten
Dr. Frederick Sixtus kam 2018 zum Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und ist dort Projektkoordinator Demografie Deutschland. Promotion im Fachbereich Sozialpsychologie zu Migration und Identität, Freie Universität Berlin. Magister in Soziologie, Literaturwissenschaft und Musikwissenschaft in Potsdam und Berlin Vorherige berufliche Station: Mitarbeiter am Arbeitsbereich Sozial-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Freien Universität Berlin
Die Studie steht hier zum kostenlosen Download: https://www.berlin-institut.org/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Neu_im_Dorf_online.pdf
Das Haus als Ressource
Über die letzte subsistenzwirtschaftliche Erfahrung der Moderne und ihre Bedeutung für die ländliche Kultur und für die Demokratie
Dr. Kenneth Anders, Altranft
Das ländliche Bauen oszilliert in der Wahrnehmung zwischen vorbildlichem Denkmalschutz, hoffnungslosem Improvisieren und gnadenloser Suburbanisierung. Im Jahresthema BAUEN hat das Oderbruchmuseum mit den Menschen im Oderbruch über ihre Häuser und die damit verbundenen Erfahrungen gesprochen. Es ging ums Reparieren und Sanieren, ums Frickeln und Heilmachen, um Denkmalschutz und Eigensinn, aber auch um das Kennenlernen des Materials und nicht zuletzt um viele alte Geschichten. Das Bauen auf dem Land, so zeigte sich, ist die beinahe letzte subsistenzwirtschaftliche Erfahrung, die noch von vielen Menschen geteilt wird, denn das Haus ist Ressource und zugleich Verbindung zur Landschaft. In dem Vortrag werden die wichtigsten Einsichten vorgestellt, wie sie auch im Werkstattbuch BAUEN des Oderbruchmuseums nachzulesen sind, und auch ein Einblick in die künstlerische Verarbeitung des Themas gegeben.
Kenneth Anders leitet das Oderbruchmuseum in Altranft, einem Ortsteil von Bad Freienwalde
(mehr unter https://blog.oderbruchmuseum.de/category/programm/ )
Gestaltung ländlicher Räume – Aber wie? Zentrale-Orte-System oder Ankerorte in Zeiten der Digitalisierung
Prof. Dipl.-Ing. Andrea Gaube, Wismar
Wie weit hilft und wo behindert Raumplanung die Entwicklung ländlicher Räume? Aus der Erfahrung zahlreicher Projekte und Gutachten werden Ideen für eine nachhaltige Entwicklung von Dörfern und ländlichen Kleinstädten zur Diskussion gestellt.
Zur Referentin
Andrea Gaube hatte die Professur Stadt- und Gebäudesanierung | Architektur an der Hochschule Wismar bis 2023
Aus einem studentischen Fragebogen:
• Wo kommen Sie her?
Geboren in Randberlin – Kindheit in einem kleinen Dorf in Vorpommern – Teeniezeit in Kleinstadt Sachsenanhalt – Studiert in Weimar/ Thüringen – Gearbeitet in Schwerin und Berlin – Nach 13 Jahren Berlin zurück in den Norden und an die HS Wismar
• Wie war Ihr beruflicher Werdegang?
Nach dem Abitur Ausbildung als Maurer – 5 Jahre Studium der Architektur in Weimar – 3 Jahre Arbeit im Entwurf im Industriebau Schwerin – 6 Jahre wissenschaftliche Tätigkeit in der Städtebauprognose an der Bauakademie der DDR – 1 Jahr Projektleitung an der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung – 6 Jahre Gebäude- und Quartiersplanung beim Sanierungsträger S.T.E.R.N. – Seit 24 Jahren Professorin für Stadt- und Gebäudesanierung
• Was ist/ war Ihr Lieblingsprojekt (eigenes/ allgemein)?
Garten – Sanierung Wohnhaus Altstadt Wismar
• Welchen Tipp würden Sie, aus heutiger Sicht, Ihrem jüngeren ich für das Studium mitgeben?
Mehr wagen.
• Worauf sind Sie besonders stolz?
Meine Pläne und Wünsche sind, manchmal auf steinigen Umwegen, irgendwie immer aufgegangen. Alles richtiggemacht.
• Wenn Ihr Leben ein Buch wäre, welchen Titel würde es haben?
„Gärtnerin des Lebens“
• Was war der seltsamste Ort, zu dem Sie durch Ihre Arbeit oder Forschung gekommen sind?
Antarness in Gujarat/ Indien, weil das Dorf jährlich nach dem Monsun für Monate von der Umwelt abgeschlossen ist und trotzdem gut funktioniert
• Was denken Sie, ist der größte Schaden und der größte Nutzen, den Ihre Profession anrichten kann?
Schaden: Vernichtung von Ressourcen – Nutzen: Soziale Räume gestalten
• Gute Innenarchitektur ist…/ gute Architektur ist…/ gutes Design ist…
… wenn wir sozial verantwortlich und bewusst nachhaltig gestalten
• Ihre Buchempfehlung:
Juli Zeh: „Corpus Delicti“ und „Über Menschen“ – Nico Peach: „Befreiung vom Überfluss“
Mehr Informationen:
; https://garten-der-metropolen.hs-wismar.de/
Krankheitsbedingt: Offenes Gespräch zu Anregungen für die Online-Reihe Neue Ländlichkeit
Die Referentin für den Abend musste kurzfristig wegen Krankheit absagen. Deswegen gilt allen Interessierten die Einladung, ein Feedback oder Anregungen im gemeinsamen Gespräch mit den Verantwortlichen der Reihe auszutauschen. Gerne informieren wir Sie dort auch zu den weiteren Plänen der kommenden Veranstaltungen.
Lokalisierung von Heimat zwischen Verklärung und Abwertung
Dr. Juliane Stückrad, Eisenach
Der Begriff Heimat transportiert eine Fülle von Vorstellungen und hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Der Vortrag erinnert an die ursprüngliche Bedeutung von Heimat als Hof und Heimstatt und zeigt, wie in ländlichen Räumen Ostdeutschlands an konkreten Orten Heimatbilder geschaffen werden.
Zur Referentin
Dr. Juliane Stückrad 1975 in Eisenach geboren, studierte in Leipzig Ethnologie und Kunstgeschichte. Nach dem Studium Bauforschung und Archäologie in Brandenburg. 2010 Promotion in Jena mit Dissertation „Ich schimpfe nicht, ich sage nur die Wahrheit. Eine Ethnographie des Unmuts am Beispiel der Bewohner des Elbe-Elster-Kreises/Brandenburg.“Arbeit als wiss. Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Volkskunde/Empirische Kulturwissenschaft der FSU Jena sowie freiberuflich Ausstellungen, kulturtouristische Projekte und dramaturgische/theaterpädagogische Aufgaben für das Landestheater Eisenach. 2015 bis 2020 Lehrbeauftragte für das Seminar für Volkskunde der FSU Jena in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Transcultural Music Studies der Hochschule für Musik „Franz Liszt“.Für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Sachsens Untersuchungen zur Bedeutung von Kirche in ländlichen Räumen. Für die Friedrich-Ebert-Stiftung ethnografische Studie zu politischen Stimmungslagen in der ostthüringischen Kleinstadt Gößnitz. Für den Arbeitskreis „Arbeit und Leben“ Studie zur zivilgesellschaftlichen Bedeutung von Heimatstuben in Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen im Thüringer Freilichtmuseum Hohenfelden.
Mehr Informationen:
https://www.freilichtmuseum-hohenfelden.de/index.php?page=beratungsstelle
Stadt, Land, Frust: Eine politische Vermessung
Dr. Lukas Haffert, Universität Zürich
Bei keiner Bundestagswahl war der Stadt-Land-Graben so tief wie bei der im September 2021. Die wachsenden ökonomischen und kulturellen Gegensätze zwischen Stadt und Land prägen also zunehmend auch die politische Landschaft in Deutschland. So unterscheiden sich nicht nur das Wahlverhalten und die politischen Prioritäten von Städtern und Landbewohnern zunehmend stärker, auch die Parteien versuchen vermehrt, die lokalen Identitäten der Bürger politisch zu mobilisieren. Der Vortrag vermisst diese wachsende politische Kluft und geht dabei der Frage nach, welche strukturellen Veränderungen zur Vertiefung des politischen Gegensatzes zwischen Stadt und Land beigetragen haben und wie diese wahrgenommen werden.
Zum Referenten
Dr. Lukas Haffert ist Ökonom und Politikwissenschaftler. Er lehrt und forscht an der Universität Zürich und verbrachte Forschungsaufenthalte an der Georgetown University und der Harvard University. Er ist Mitglied der Jungen Akademie. 2022 erschien von ihm «Stadt, Land, Frust: Eine politische Vermessung“ in der Reihe Beck Paperback und 2016 „Die schwarze Null: Über die Schattenseiten ausgeglichener Haushalte“ in der edition suhrkamp.
Mehr Informationen: https://www.ipz.uzh.ch/de/institut/mitarbeitende/staff/haffert.html
Wie viel Ländlichkeit steckt in der „Neuen Ländlichkeit“? Über krisengetriebene Chancen für ein lebenswertes und prosperierendes MV
Prof. Dr. Peter Adolphi, Geschäftsführer der Stiftung Akademie Nachhaltige Entwicklung MV
Die Kohle- und Erdöl-basierte Industrialisierung hat nicht nur die Arbeitsteilung vertieft und deren Globalisierung forciert, sie hat auch der Urbanisierung die entscheidenden Impulse geliefert. Große Agglomerationen wuchsen dort, wo Industriearbeitsplätze Einkommen versprachen, also nahe den Rohstoffquellen oder an deren Handelsachsen. Der ländliche Raum lieferte „lediglich“ die Arbeitskräfte und die Lebensmittel. Was verändert sich an diesem Gefüge, wenn die Quellen nicht mehr unter Tage liegen, sondern auf „dem platten Land“? Die Stiftung Akademie Nachhaltige Entwicklung (ANE) hat von 2009 – 2014 unter der Überschrift „Chancen durch Wertschöpfung und Teilhabe“ ein (Bio)EnergieDorf-Coaching realisiert, das ein Engagement vieler ehrenamtlicher Gemeindevertreter für die Energiewende ausgelöst hat. Welche Bilanz ist heute zu ziehen?
Zum Referenten
Prof. Dr. Peter Adolphi ist Geologe und forschte bis 1995 zu umweltfreundlicherer Nutzung fossiler Brennstoffe. Seit 2001 leitet er die Stiftung Akademie Nachhaltige Entwicklung MV, die sich den Zukunftschancen vor allem der Menschen im ländlichen Raum und den Landnutzungskonflikten im Kontext der Dekarbonisierung widmet. „Mehr Zufriedenheit bei weniger Ressourcenverbrauch“ ist seinebevorzugte Übersetzung von Nachhaltigkeit, weshalb er zwischen Berlin, Hamburg und Szczecin einen „Garten der Metropolen“ mit Land-Stadt-Allianzen für regionale Wertschöpfung entstehen sieht. Peter Adolphi lebt in Greifswald und lässt sich von seinen vier Enkeltöchtern gerne an Generationengerechtigkeit erinnern.
Mehr Informationen: https://www.nachhaltigkeitsforum.de/
Leuchttürme, Steueroasen, abgehängte Dörfer – Wo stehen Kommunen im ländlichen Raum?
Dr. Mario Hesse, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für öffentliche Finanzen und Public Management der Universität Leipzig
Dr. Mario Hesse liefert in seinem Vortrag Einblicke in die kommunale Finanzlage und Anstöße für die Diskussion um die Zukunft der Kommunen im ländlichen Raum. Wo stehen die Kommunen im ländlichen Raum? Sind sie versteckte Champions mit hoher Lebensqualität oder hoffnungslos abgehängt? Im Vortrag spielt auch das Spannungsverhältnis zwischen Stadt und Land, das viele politische Debatten prägt, eine Rolle. Nicht zuletzt soll diskutiert werden, welche Instrumente ländliche Kommunen zielgerichtet fördern können. Braucht es das nächste Förderprogramm oder mehr Vertrauen in lokale Prozesse?
Zum Referenten
Dr. Mario Hesse ist Volkswirt und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für öffentliche Finanzen und Public Management der Universität Leipzig. Er ist stellvertretender Geschäftsführer des Kompetenzzentrums für kommunale Infrastruktur Sachsen (KOMKIS). Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Kommunalfinanzen, Fragestellungen des (kommunalen) Finanzausgleichs, der öffentlichen Infrastruktur sowie der Regionalökonomik.
Leben und Arbeit auf dem Lande – müssen wir es nicht viel mehr propagieren in Zeiten erstickender Städte und Verkehre?
Prof. Dr.-Ing. Holger Magel, Ehrenpräsident der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum
„Das Verhältnis zwischen Stadt und Land wird zum Megathema nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Eine einseitige Urbanisierung kann und sollte nicht hingenommen werden. Es gilt nach wie vor der seherische Spruch des früheren französischen Ministerpräsidenten Edgar Faure: ‚Wenn der ländliche Raum nicht mehr atmet, ersticken die Städte.“ sagte Professor Magel kürzlich.
Wie können wir zu Raumgerechtigkeit kommen und welche Rolle können dabei auch Akademien des ländlichen Raums (die es in MV noch nicht gibt) spielen? Darum geht es in dieser Veranstaltung.
Menschen – Bewegen – Ländliche Räume
Prof. Dr. Henning Bombeck, Universität Rostock
Die Schule der Landentwicklung Mecklenburg-Vorpommern ist seit acht Jahren im Land unterwegs, um Kommunen und ihre hier lebenden Menschen in der Findung bürgerschaftlich gestützter Strategien im demographischen Wandel zu unterstützen. Der Beitrag gibt Einblick in die vielfältigen Tätigkeitsfelder und macht Mut sich im Miteinander den Herausforderungen und Widrigkeiten eines sich wandelnden Lebens in ländlichen Räumen entgegen zu stellen.
Kleinstädte – Zukunft zwischen Dorf und Metropole?
Prof. Dr. Peter Dehne, Hochschule Neubrandenburg
Es gibt mehr als 2.000 Kleinstädte in Deutschland mit Einwohnern unter 20.000 Einwohnern. Lange Zeit wurden sie von Politik und Wissenschaft vernachlässigt. Sie liegen irgendwie dazwischen: zwischen Dorf und Stadt, zwischen Urbanität und Ländlichkeit, zwischen Städtebauförderung und LEADER. Aber ist das Dazwischen, die Verbindung, das Hybride nicht gerade ihre Stärke? Und bei allen Problemen sind sie immer noch wichtige Anker im ländlichen Raum. In den meisten Kleinstädten gibt es noch die Grundversorgung, die auf den Dörfern fehlt. Welche Zukunft haben die vielen kleinen Städte (in Mecklenburg-Vorpommern) angesichts von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transformation? Und welche Strategien sind die richtigen?
Mit ‚rural proofing‘ zu einer besseren Politik für ländliche Räume?
Dr. Stefan Becker, Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
In ihrer Langzeitvision für die ländlichen Räume hat die Europäische Kommission ein ‚rural proofing‘ ihrer kommenden politischen Initiativen angekündigt – und die Mitgliedstaaten ermuntert, es ihr gleichzutun. Seitdem hat die Debatte um ‚rural proofing‘ neue Dynamik gewonnen. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Und was lässt es für die Politik für ländliche Räume erwarten? Der Vortrag beleuchtet die bisherigen Erfahrungen mit ‚rural proofing‘ und diskutiert, auch mit Blick auf den Gleichwertigkeitscheck in Deutschland, die grundsätzlichen Möglichkeiten und Grenzen dieses Instruments.
Zum Referenten
Dr. Stefan Becker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen. Er beschäftigt sich vornehmlich mit Fragen politischer Steuerung und Implementation.
Mehr Informationen: Stefan Becker am Thünen-Institut
An der Scholle kleben? Frauen in ländlichen Räumen am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern
Dr. Melanie Rühmling, Gründungsmitglied des Rostocker Instituts für Sozialforschung und gesellschaftliche Praxis
Wie leben und wie fühlen sich Frauen auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern? Welche Kriterien sind ausschlaggebend, wenn es darum geht, in ländlichen Räumen MVs zu bleiben oder aber zu gehen? Wie nehmen Frauen ihr Dorf wahr und welche Rolle spielen die städtischen Räume dabei?
Diesen Fragen geht Melanie Rühmling in ihrem Vortrag anhand von Fallbeispielen auf die Spur.
Zur Referentin
Dr.in Melanie Rühmling ist Gründungsmitglied des Rostocker Instituts für Sozialforschung und gesellschaftliche Praxis e.V. – kurz ROSIS. Hier forscht sie aktuell zur Bedeutung von sozialen Beziehungen im Entscheidungsprozess des Bleibens in Kleinstädten. Im Herbst erscheint ihre Dissertation im transcript Verlag zum Thema Bleiben in ländlichen Räumen – Bleibenslebensweisen am Beispiel von Frauen aus ländlichen Räumen in Mecklenburg-Vorpommern.
Mehr Informationen: https://rostocker-institut.org/
Dorfbewegung – eine Graswurzelbewegung für die Interessen der Dörfer
Grit Körmer, Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstands der Dorfbewegung Brandenburg
Die Dorfbewegung Brandenburg – Netzwerk Lebendige Dörfer e.V. hat am 14. Mai 2022 erstmalig ein „Parlament der Dörfer“ als Dialogformat zwischen Menschen aus ländlichen Gebieten und der Landespolitik realisiert. Ziel des Netzwerks ist es, den Dörfern im politischen Raum wieder eine Stimme zu geben und das Bewusstsein für die spezifischen Bedarfe „dorfgerechter“ Politikmaßnahmen zu schärfen.
Im Gespräch wird die Dorfbewegung Brandenburg mit ihren Anliegen und bisherigen Aktivitäten vorgestellt, der Blick richtet sich auf das 5. Europäisch Ländliche Parlament im September 2022 in Kielce, an dem Vertreter:innen aus Brandenburg und ganz Deutschland teilnehmen werden.
Zur Referentin
Grit Körmer ist Gründungsmitglied der Dorfbewegung Brandenburg und Mitglied des Vorstandes. Beruflich ist sie seit vielen Jahren tätig als Regionalmanagerin der LEADER-Aktionsgruppe Märkische Seen und engagiert sich als Jurorin im Bundeswettbewerb „startsocial“ bzw. im Projektbeirat der „Landvisionen“.
Mehr Informationen: https://lebendige-doerfer.de/
Urbane Landlust – Freud und Leid aus bäuerlicher Sicht
Dr. Heike Müller, Geschäftsführerin des regionalen Bauernverbandes Malchin
Immer mehr Städter drängt es aufs Land, ein Trend, den Corona noch verstärkt hat. Doch in den Dörfern findet man nicht immer das erträumte Bullerbü. Traktorenlärm und Güllegeruch trüben bisweilen das Idyll, und es gibt auch Landwirte, die neue Ställe bauen wollen! Hier sind Konflikte vorprogrammiert. Kann man sie lösen? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Krieg in der Ukraine für die Versorgung mit Lebensmitteln?
Zur Referentin
Heike Müller erlernte nach dem Abitur den Beruf eines Facharbeiters für Rinderproduktion, studierte und promovierte im Fach Tierproduktion an der Universität Rostock und lebt in Basedow in der Mecklenburgischen Schweiz. Gemeinsam mit ihrem Ehemann und einer weiteren Familie ging sie 1991 das Wagnis ein, die Höfe der Schwiegereltern bzw. Eltern wieder einzurichten und eine GbR mit Milchvieh und Ackerbau zu gründen.
Als Geschäftsführerin des regionalen Bauernverbandes Malchin, Vizepräsidentin des Bauernverbandes MV, Vorsitzende des Landfrauenverbandes MV und Buchautorin kennt sie die Probleme des ländlichen Raumes sehr genau.
Mehr Informationen: https://www.facebook.com/heike.muller.75; https://www.facebook.com/SchreibendeBaeuerin/; https://twitter.com/schwarzbunt04; https://www.instagram.com/heike.mueller.65/
Stadt, Land, Landwirtschaft – und wie sie kulturell zusammenhängen
Uta Ruge, Autorin
Mit ihrem Bestseller „Bauern, Land – Die Geschichte meines Dorfes im Weltzusammenhang“ thematisiert Uta Ruge den dramatischen Wandel in der Landwirtschaft und konfrontiert den städtischen mit dem ländlichen Blick auf Natur und Agrarproduktion. Sie hat gelernt, dass urbanes Besserwissen häufig auf Nichtwissen beruht und fragt nach dem Verlust für uns alle, wenn bäuerliche Kultur verschwindet. Wir sprechen über den Konflikt zwischen medienvermittelten Vorstellungen von Landwirtschaft bzw. Landleben und der Agrar-Realität. Es geht um den bäuerlichen Kulturbegriff und die Widersprüche urbaner Naturliebe.
Zur Referentin
Uta Ruge wuchs als Flüchtlingskind von der Insel Rügen auf einem Moorhof zwischen Elbe und Weser auf. Sie studierte Germanistik und Politik in Marburg und Berlin, arbeitete im Rotbuch-Verlag und bei der TAZ und von 1985 bis 1998 als Autorin in London. 2003 erschien ihr Buch „Windland – eine deutsche Familie auf Rügen“, 2020 „Bauern, Land“. Uta Ruge lebt in Berlin-Kreuzberg.
Mehr Informationen: https://www.uta-ruge.de/
Zwischen App und Landarzt
Perspektiven ländlicher Gesundheitsversorgung
Stefan Zutz, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Mecklenburg-Vorpommern
In den Medien gilt der Landarzt als aussterbende Gattung, Krankenhäuser verlassen den ländlichen Raum und in der Digitalisierung hinkt unser Gesundheitssystem. Wie ist die Lage aus der Sicht eines Landarztes und wie können wir ländliche Gesundheitsversorgung zukunftsfest machen?
Zum Referenten
Stefan Zutz betreibt mit Manja Dannenberg seit mehr als 15 Jahren eine Landarztpraxis in Neubukow/Mecklenburg, engagiert sich in der Medizinerausbildung und ist Vorsitzender des Hausärzteverbands Mecklenburg-Vorpommern.
Mehr Informationen: www.ihr-landarzt.de; https://www.hausarzt-mv.de/
Gebietsreformen im ländlichen Raum
Notwendiges Übel oder Irrweg?
Prof. Dr. Felix Rösel, Institut für Volkswirtschaftslehre, Technische Universität Braunschweig
Die Zusammenlegung von Gemeinden und Kreisen in Deutschland und insbesondere Ostdeutschland, aber auch im Ausland, wurde lange als Königsweg der Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen dargestellt. Die Realität sieht anders aus. Welche Erfahrungen wurden gemacht, welche Alternativen gibt es und wie lassen sich negative Reformeffekte reparieren?
Wachsender Lieferverkehr; schrumpfender ÖPNV; steigende PKW-Kosten:
Wie ländliche Mobilität zu entwickeln ist.
Anja Sylvester, LaLuG LandLogistik GmbH
Ja. Unsere Dörfer sind zu retten! Der Ländliche Raum hat enorm viel Potenzial. Es gibt kreative Menschen, die ihre Region voranbringen und viele Ressourcen, die es auszuschöpfen gilt. Wie diese für eine clevere Logistik genutzt werden und damit wichtige Impulse für regionale Wirtschaft, Nahversorgung und Verkehrswende geben können, darum geht es in diesem Vortrag.
Moderation
Dr. Wolf Schmidt, Mecklenburger AnStiftung
Jahrgang 1952 in Warin/Mecklenburg, ist Stifter und Vorsitzender des Stiftungsrates der Mecklenburger AnStiftung. In der Hamburger Körber-Stiftung hat der studierte Historiker 27 Jahre – davon sieben Jahre als Vorstand – nationale und internationale Projekte realisiert und Verantwortung für die Entwicklung einer der größten deutschen Stiftungen getragen. Mit seiner „Stiftungspraxis“ PhiPolisConsult hat er 2008 bis 2018 Stiftungen und gemeinnützige Projekte im gesamten deutschsprachigen Raum beraten. Seit 2010 wohnt er dörflich in Dobin am See. Dr. Schmidt ist seit 2011 Sprecher des Landesnetzes der Stiftungen in Mecklenburg-Vorpommern. 2012-2015 war er Ko-Vorsitzender der Denkwerkstatt „BÜRGER.INNEN.LAND MV“. 2017 hat er mit der AnStiftung die „Initiative Neue Ländlichkeit“ gestartet. In der Schriftenreihe der Herbert Quandt-Stiftung ist sein Essay „Die Kunst des Bleibens – Wie Mecklenburg-Vorpommern mit Kultur gewinnt“ erschienen, im „Aktionsprogramm Nachhaltige Landwirtschaft in MV 2015“ sein Beitrag „Dörfer im Garten der Metropolen“. 2017 erschien „Luxus Landleben. Neue Ländlichkeit am Beispiel Mecklenburgs.“
2019 „Das fremde Land – zum Verständnis ländlicher Milieus“ In: Dorfgespräch. Ein Beitrag zur Demokratieentwicklung im ländlichen Raum. Über Neue Ländlichkeit schreibt er u.a. in www.landblog-mv.de.
Kontakt:
https://dr-wolf-schmidt.de/